01-09-2001
Chicago (1)...
 

 

Morgens, 8:30 Uhr, 61 East Northwood Ave, Columbus:

Ein Klopfen an der Tür. Langsam bewegt sich eine schlaftrunkene Aneka mit Peanutbutter-Toast in der Hand zur Tür. Neben der Wohnzimmercouch stehen fertig gepackt ein Rucksack und eine Tasche mit überlebenswichtigen Utensilien für drei Tage. Die Tür geht auf und leicht verschwommen und unscharf blicke ich in die Gesichter von Olesya und Jérôme - zum Glück nur deshalb unscharf, weil das Fliegengitter vor der Haustür noch geschlossen war... - die mich abholen. Und dann ging's auf die große Reise - sprich raus aus dem Bundesstaat Ohio, rüber nach Indiana bis wir schließlich in Illinois/Chicago angekommen waren.

Die Fahrt war ganz angenehm - vor allem, weil ich mich noch ein bisschen ausruhen konnte, denn die viereinhalb Stunden Schlaf waren dann doch nicht genug... - und der erste Stopp fand dann um die Mittagszeit statt. Für den Stopp haben wir uns ein besonderes Plätzchen ausgesucht, nämlich den Campus der (zumindest diesseits des Atlantiks) sehr bekannten Purdue University in der Stadt LaFayette in Indiana. Da haben wir dann superleckere Sandwiches verputzt, die Olesya für uns vorbereitet hatte, sowie einige Grapefruits und anderes Obst, das wir sonst noch so mitgenommen hatten. Wir haben bestimmt eine Stunde im Gras gesessen, die Sonne genossen, weil das Wetter einfach wunderschön war, und den ganzen kleinen Sportflugzeugen am Himmel zugeschaut.

Die Weiterfahrt wurde dann so richtig spannend erst wieder, als wir in die nähere Umgebung von Chicago kamen. Da muss man dann "Tolls" (also Gebühren) für die Highways bezahlen, die bei 15 cents anfangen, aber immer teurer bis zu 2 Dollar oder so werden, je näher man kommt. Und dann ist irgendwann die Skyline von Chicago vor unseren Augen aufgetaucht - WOW!!!

Wir haben ziemlich schnell unser Hotel gefunden, wußten aber auch, dass Parken eines der größten Probleme in Chicago werden würde - es ist einfach unglaublich, wieviele Menschen täglich nach Chicago pendeln (weshalb die Stadt auch unglaublich voll und belebt ist, was sehr schön ist), und somit ihr Auto mit in die Stadt bringen (was nicht so toll ist...). Naja, aber wir haben dann einfach in den sauren Apfel gebissen und uns ein Parkhaus für 15 $ am Tag geleistet (pro Person waren's ja nur noch 5 am Tag...) und hatten das Auto damit sicher untergebracht. Und unser Hotel war so zentral, dass wir von dem Moment, in dem wir das Auto abgestellt hatten, problemlos alles weitere zu Fuß unternehmen konnten. Genauer gesagt (falls es jemand der regelmäßigen Chicago-Reisenden unter euch nachgucken mag) haben wir in "Dearborn-Street" gewohnt, eine westlich von "State Street", welche so die berühmteste Einkaufs- und Schlender-Straße von Chicago ist. Noch etwas weiter im Osten ist dann "Michigan Avenue", eine der Straßen, die man selbst als sehr reicher Mensch vermutlich mit einem gut gefüllten Geldbeutel beschreitet, um am Ende der "Magnificent Mile", dem Abschnitt der Michigan Ave, in dem die Reichen und Schönen ihrer Tagesbeschäftigung, dem Einkaufen, nachgehen, festzustellen, dass er urplötzlich sehr leer ist. Die Preise sind einfach unglaublich. Aber naja - welcome to America sag ich da nur. Allerdings haben wir wiedermal festgestellt, dass es vielleicht gar nicht sooo unpraktisch ist in einer Stadt wie Columbus zu leben. Man findet eigentlich die gleichen Möglichkeiten wie in jeder anderen amerikanischen Millionenstadt, und es ist einfach bei W eitem nicht so teuer!

Naja, aber schließlich habe ich schon ein bisschen "Fernweh" nach einer "Weltstadt" bekommen, denn das Leben, die Menschen, die Kultur und einfach die ganze Atmosphäre in Chicago ist einfach überwältigend. Ich hatte zudem noch das unverschämte Glück ausgerechnet an dem einen Wochenende im Jahr dort zu sein, an dem das größte Jazzfestival (weltweit!) im Grant-Park stattfindet. Uh yeah, war das geil...

Aber erstmal will ich etwas vom Tag schreiben: Nachdem wir in unserem ziemlich guten Hotel (Hyatt) eingecheckt hatten und ein bisschen ausgepackt hatten, sind wir einfach mal losgelaufen. Es war wunderschönes Wetter - Sommer pur - und wir hatten richtig gute Laune, bestens für eine Stadterkundung. Gleich auf den ersten Metern auf State Street sind wir an einem Baskin Robins-Icecream-Store vorbeigekommen, an dem ich natürlich nicht vorbeigehen konnte, ohne mir ein großes "Scoop" (=Bällchen) Gold Medal Ribbon zu holen. Papa weiß jetzt sofort, was das ist... nicht wahr? :)
Für die, die es nicht wissen: Ich war vor 8 Jahren schonmal in den USA, genauer gesagt zum "Urlauben" in Californien - mit Papa, genau - und habe dort zum ersten Mal (auf Empfehlung von Mama) bei Baskin Robbins Eis essen gegangen. Und seitdem verfluche ich diese Kette dafür, dass sie mich erstens offensichtlich abhängig gemacht haben, und aber gleichzeitig keine Filialen in Europa eröffnen - aaahrg!
Naja, und Gold Medal Ribbon ist eben meine Lieblingssorte - Schoko und Vanille-Eis mit Karamel so verrührt, dass es so ganz marmoriert aussieht... hmm, köstlich.

Nun ja, so stiefelten wir also Eis-schlabbernd weiter State Street entlang, vorbei an "Marshall Fields", dem weltberühmten und uralten (ältesten?) Department-Store, vorbei an diversen bekannten Modegeschäften (Armani, Joop, usw... mir fallen die ganzen Namen schon gar nicht mehr ein), bis hin zum Hancock-Building, dem dritthöchsten Skyscraper von Chicago. In Chicago gibt es glaube ich drei der höchsten Gebäude der Welt - unter anderem Sears-Tower und das Hancockbuilding. Die Fahrt haben wir uns heute noch gespart, weil wir eigentlich dachten, dass wir auf den Searstower fahren wollten - aber dann kam alles ganz anders. Das müßt ihr dann aber morgen nachlesen :)

Da es nun dann schon dunkel wurde, und wir noch Elan und Lust hatten, etwas anderes zu sehen, sind wir dann also zum Jazz-Festival gelaufen. Und das war einfach unglaublich toll. Als wir ankamen hat noch eine Band gespielt, deren Namen ich gerade nicht mehr weiß, aber wir haben eh nur noch das Ende gehört. Rechtzeitig waren wir dann für das "Gerald Wilson Orchestra", eine Bigband mit einem netten Swing-Programm und ziemlich modernen Arrangements. Abertausende von Menschen saßen auf Decken oder Klappstühlen im Grant-Park, hatten ihren Picknick-Korb mit Wein und Leckereien dabei, es war Vollmond, Sternenklarer-Himmel, eine wunderschön beleuchtete Bühne - einfach gigantisch gut. Kaum zu beschreiben. So, dass ich eben einfach nur glücklich war :)

Nach etwa eineinhalb Stunden schönem Konzert knurrte uns dann aber doch langsam der Magen - immerhin war es schon 22 Uhr, und wir hatten nur den Sandwich von mittags um 12 und unser Eis im Magen. So haben wir uns dann noch auf den Weg zum "Navy Pier" gemacht. Der Navy Pier ist ein typisch amerikanisches Vergnügungsviertel, das an der Waterfront auf einem ehemaligen Pier im wahrsten Sinne des Wortes "angelegt" wurde. Es gibt dort 3D-Kinos, Luxus-Restaurants, Burger-Buden en masse, verschiedenste Vergnügungspark-events wie Riesenrad und Kettenkarussell, und eben einiges zu sehen. Und wir hatten wieder so ein Suff - genau als wir ankamen (ich glaube so gegen elf) fing das große Feuerwerk über dem Hafen von Chicago an - mit Musik. Echt klasse.
Nachdem wir uns dann einmal bis zum Ende des Pier's durch die uns entgegenkommenden Menschenmassen gequält hatten, und vor Hunger schon dem Geruch nach weiterliefen, haben wir endlich einen Food-Court gefunden, in dem ich mir beim Fast-Food-Chinesen erstmal ein leckeres Hühnchen-Gericht gekauft habe. Olesya und Jérôme haben sich für griechische und mexikanische Kost entschieden - und wir waren wieder glücklich und zufrieden. Nur unsere Füße waren entschieden zu sehr strapaziert worden, so dass wir uns schließlich doch auf den Heimweg gemacht haben. Um halb eins oder so sind wir dann totmüde in unsere Hotelbetten gepurzelt und haben (nach einem kurzen Fernseh-Intermezzo weil ja jeder noch ins Bad mußte...) tief und fest geschlafen.

Alles in allem ein seeeeeehr schöner Tag und eine absolut tolle Stadt.

Morgen gibt's mehr.

cheers, aneka :)